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Zukunft Kundendialog: Zwischen Premiumservice und Selfservice

In den Pressestellen, Kommunikations- und Marketingabteilungen sowie im Vertrieb haben die sozialen Medien bereits Einzug gehalten.
deleted | 29.11.2011
Der aktuelle „SID/FIT Social Media Report 2010/11“ der Software-Initiative Deutschland e. V. und des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik (FIT) kommt zu dem Ergebnis: „Social Media ist in der Geschäftswelt angekommen.“ Fragt man Unternehmen nach den wichtigsten Zielsetzungen beim Einsatz von Social Media, so verweisen sie auf den raschen Informationsaustausch und zielgruppenorientiertes Marketing. An dritter Stelle wird Social Media als Kanal für den Kundenservice genannt. Denn Servicedialoge beschränken sich längst nicht mehr auf Telefon, Fax und E-Mail. Die Kunden von morgen wollen selbst entscheiden, auf welchem Weg und zu welchem Zeitpunkt sie an ein Unternehmen herantreten. Künftig müssen die Serviceanfragen jedes einzelnen Kunden über die verschiedenen Kanäle in einer Kundenhistorie gebündelt und Social Media in den bestehenden Kundenservice integriert werden.

Customer Service im Social Web

Es steht nicht mehr zur Diskussion, dass die sozialen Medien künftig Einzug in die Geschäftswelt halten – das ist an vielen Stellen schon geschehen. Wichtig ist, Social Media nicht einzig als neuen Kanal zu begreifen, sondern als eine neue Dialogkultur zwischen Kunde und Unternehmen. Aus Sicht der Callcenter besteht nun die Herausforderung darin, die kulturellen und technischen Voraussetzungen zu schaffen, Servicedienstleistungen auch im Social Web anbieten und betreuen zu können, die Veränderungen auf Kundenseite zu beobachten und gleichzeitig den Changeprozess im eigenen Unternehmen voranzutreiben – keine leichte Aufgabe.

Hören, was gesprochen wird

„Nicht nur sprechen, sondern auch einmal zuhören“, lautet die Devise. Foren, Blogs, Facebook oder Twitter – die Orte, an denen Kunden ihre Erfahrungen über Produkte kundtun, über diese diskutieren und sich informieren, sind vielfältig. Ein Social-Media-Monitoring kann im Kundenservice helfen, Gespräche abseits der eigenen Unternehmenskanäle aufzuspüren, zu verfolgen und Kunden proaktiv anzusprechen. Tritt der Kunde mit einem Anliegen an die Mitglieder eines Forums heran, so können die Servicemitarbeiter des Unternehmens ihn ansprechen und ihm weiterhelfen, bevor ein Anruf bei der Servicehotline erfolgt ist.

Gut vorbereitet, statt einfach mal loslegen

Vor dem Eintritt in die sozialen Medien sollten Unternehmen einen Moment innehalten. Zwar gelten Social-Media-Aktivitäten als kostengünstig und einfach in der Umsetzung. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Jeder ist gut beraten, sehr genau zu prüfen, ob man es auf den jeweiligen Kanälen mit Kunden, Freunden, Fans oder Gegnern zu tun hat. Liefern Sie als Fernsehsender den Fans Ihrer Telenovela sendungsbegleitende Informationen, oder könnten Sie als Stromversorger auch mit Kundenbeschwerden konfrontiert werden? Das ist ein wichtiger Unterschied! Denn die intensive Kundennähe eröffnet Unternehmen neue Wege der Kundenkommunikation. Allerdings haben sich die Machtverhältnisse zwischen Unternehmen und Konsumenten verschoben: Ein unzufriedener Kunde kann seinen Unmut in den Kanälen äußern, und viele hören zu. Zugleich sind die Ansprüche der Nutzer an die Serviceleistungen der Unternehmen stark gestiegen. Daher ist es nicht nur eine Frage des ROI, sondern vielmehr das Diktat des Kunden, das zum Handeln zwingt.

Praxisbeispiel Deutsche Bahn

Wie sich das anfühlt, wenn die Netzgemeinde Sturm läuft, bekam die Deutsche Bahn im Herbst 2010 zu spüren, als das Unternehmen mit der Chefticket-Aktion auf Facebook startete. Der Konzern eröffnete für einen festgelegten Zeitraum auf dem sozialen Netzwerk eine Fanseite, auf welcher das Aktions-Ticket beworben werden sollte. Neben Interessenten für die Tickets fanden sich dort auch Gegner des Bauprojekts Stuttgart 21 zu Tausenden ein. Diese stellten Fragen und kritisierten. Die Bahn antwortete und moderierte unzureichend.
Daraus hat die Bahn gelernt. Anfang Juni startete der Konzern mit seinem Twitter-Account @db_bahn einen neuen Anlauf im Social Web – dieses Mal mit deutlich längerer Vorbereitungszeit, festgesetzten Richtlinien und einem geschulten Team. Nach sechs Wochen zog das Transportunternehmen eine erste und durchaus positive Bilanz. Wenngleich Beschwerden über Verspätungen und Pannen nicht ausgeblieben sind, so waren nur ein Viertel der Nachrichten tendenziell negativ – ein Erfolg für Daniel Backhaus, Leiter Social-Media-Management bei der Bahn, und sein Team. Auch vonseiten der Kunden wird der Auftritt der Deutschen Bahn lobend erwähnt.

Imagegewinn durch professionelle Onlinepräsenz

Guter Kundenservice spricht sich herum. Gerne werden der Twitter- & Facebook-Account der Deutschen Telekom als Paradebeispiele für funktionierende Kundenservice-Kanäle im Social Web herangezogen. Das Team ist seit dem 5. Mai 2010 im Einsatz. Es handelt sich hierbei um einen reinen Supportkanal mit schnellen Reaktionszeiten. Multiplikatoren erleben einen schnellen und modernen Service, der vielerorts gelobt wird. Unter diesen Bedingungen kann ein Unternehmen aus den direkten Kundendialogen wertvolle Informationen für die Optimierung eigener Produkte und Serviceleistungen gewinnen.

Professionelle Social-Media-Präsenzen können darüber hinaus das Unternehmensimage positiv beeinflussen. Dies bestätigt auch eine Eigenstudie des Medien- und Marktfoschungsinstituts result gmbh, die den Einfluss eines Facebook-Auftritts auf die Markenwahrnehmung untersuchte. „Ein motorischer, aktiv geführter Marken-Account, der sich den Fragen und Anregungen der Zielgruppe auf Facebook erlebbar widmet, ist in der Lage, die Marke funktional und auch emotional punktuell aufzuladen“, heißt es darin.

Wichtig ist es, Authentizität zu wahren. Nur wenn der Online- beziehungsweise Social-Media-Aufritt auf den Markenkern abgestimmt ist, sind Präsenzen authentisch und können Erfolg haben.

Gestiegene Anforderungen an den Kundenservice

Fragt man die Kunden, was sie sich von ihrem Dienstleister in puncto Kundenservice wünschen, so nennt die Mehrheit „offene und ehrliche Kommunikation“. Dies fanden mindBusiness Consultants, i-CEM, absatzwirtschaft und marketingIT in der Studie „Social Media im Kundenservice“ heraus. Eine schnelle Reaktionszeit binnen 24 Stunden – am liebsten in Echtzeit –, eine persönliche Ansprache und individuelle Antworten statt Standardformulierungen bewirken bei den Usern Gegenliebe. Zudem ist es wichtig, den richtigen Ton zu treffen und diesen auch konsequent beizubehalten. Wenn Mitarbeiter im Namen des Unternehmens Auskunft oder Hilfestellung geben, muss klar ersichtlich sein, welche Funktion diese im Unternehmen ausüben. Im besten Fall fühlt sich der Kunde gut behandelt und informiert und lässt wieder andere an seiner positiven Erfahrung teilhaben. Entscheidet sich ein Unternehmen für den Einsatz von Social Media im Kundenservice, dann bestimmt das Verhalten der Mitarbeiter maßgeblich den Erfolg oder Misserfolg der Online-Kundenbetreuung.

Herausforderung des Kundenservices: Kanalübergreifende Kundenhistorie

Die Relevanz der sozialen Medien als Servicekanal der Zukunft steigt merklich. Das bestätigt eine Studie des Beratungsunternehmens Detecon. 70 Prozent der Befragten weisen dem Social Media eine große Bedeutung zu. Durch neue interaktive und mobile Kommunikationstechnologien werde verstärkt das Bedürfnis geweckt, Serviceleistungen zeitlich unabhängig und selbstständig in Anspruch zu nehmen, heißt es in der Studie. In Zukunft wollen die Kunden selbst entscheiden, auf welchem Weg sie an ein Unternehmen herantreten. Eine lückenlose Dokumentation der Kundendaten und -historie ist eine der Herausforderungen für den Kundenservice der Zukunft. Dienste wie zum Beispiel Twitter oder Facebook müssen nahtlos in die bestehende Infrastruktur integriert werden, ein kanalübergreifendes CRM-System muss saubere Bearbeitungsprozesse gewährleisten. Gelingt die Zusammenführung aller Informationen aus den einzelnen Kanälen und Kundenprofilen, entstehen hochwertige und lückenlose Kundenviten, die bei einer Serviceanfrage mit verkürzten Bearbeitungszeiten einhergehen.

Zukunft Customer Service: Serviceplattform vs. Premiumservice

Den Kunden dort abholen, wo dieser ein offenes Ohr für seine Probleme sucht – das ist die Aufgabe, welcher sich der Kundenservice zukünftig verpflichten muss. Können Fragestellungen der Kunden in den sozialen Netzwerken qualitativ beantwortet werden, kommunizieren die Servicemitarbeiter mit ihnen auf Augenhöhe – nachfolgende Calls können vermieden werden. Empfehlenswert sind daher Angebote, die Kunden die Suche nach Antworten zu servicespezifischen Fragen erleichtern – ähnlich der Applikation, welche die Lufthansa ihren Fluggästen zur Verfügung stellt. In diesem Zusammenhang müssen Produktinformationen und Anwendungshilfen über interaktive Plattformen und auf der eigenen Website bereitgestellt werden. Wer jetzt aber glaubt, das Ende des telefonischen Kundenservices sei gekommen, täuscht sich: Je komplexer die Serviceanfrage ist, desto eher greifen die Kunden zum Hörer. In Zukunft werden die sozialen Medien neue Kanäle für den Kundenservice eröffnen und die klassischen Kommunikationskanäle ergänzen, statt sie zu verdrängen. Telefonleistungen werden sich vermehrt auf den Premiumservice konzentrieren.

Premiumservice, der persönliche Kundenservice im Rahmen eines Einzelgesprächs im Chat oder am Telefon, wird künftig als Differenzierungsmerkmal in der Callcenter-Branche fungieren.




Dies ist ein Auszug des kostenlosen eBook „Erfolgreiches Callcenter 2011“.

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