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Qualität im Callcenter

"Genügt den Erfordernissen" oder "Wann entsteht Qualität"?
Manfred Stockmann | 21.03.2013
Der Begriff Qualität für sich ist neutral und bezeichnet zunächst nicht mehr oder weniger als die „Summe aller Eigenschaften eines Objektes, Systems oder Prozesses“. Mit der Intention einer Bewertung bezeichnet er die „Güte aller Eigenschaften eines Objektes, Systems oder Prozesses“. Nach einer früheren Norm zum Qualitätsmanagement definiert sich Qualität als „die Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen“.

„Genügt den Erfordernissen“ oder „Wann entsteht Qualität“

Wer nun die Erfordernisse definiert wird bei der Definition des Qualitätsbegriff offen gelassen, was uns zu folgender Geschichte führt: Als die Post vor vielen Jahren einmal eine Sonderbriefmarke herausbrachte, beschwerten sich viele Kunden, dass diese Marke ja gar nicht klebe. Die Aussage des Produktmanagements dazu: „Das ist in den Spezifikationen für diese Sondermarke auch nicht vorgesehen.“ Aus Sicht des Unternehmens sind alle Qualitätskriterien gemäß interner Vorgaben erfüllt worden. Die Erwartungshaltung des Kunden jedoch war eine andere.

Daraus folgt: Wenn Sie von Qualität sprechen, von (hochwertiger) Servicequalität oder sich als Qualitätsdienstleister positionieren wollen, tun Sie gut daran, zum einen auch nach außen zu definieren, was Sie konkret darunter verstehen, und zum anderen sich mit den Erwartungshaltungen Ihrer Zielgruppe zu beschäftigen.

Qualität im Callcenter hat viele Ausprägungen. Meist fällt uns dazu zuerst die Qualität des Gesprächs ein oder noch die der Prozesse. Im Outbound-Geschäft spielt die Qualität der vorliegenden Adressen eine wichtige Rolle. Die folgende Grafik gibt einen Überblick über weitere Dimensionen der Qualität und der sich wechselseitigen Beeinflussung. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden hier Maßnahmen und Faktoren, die jede Dimension beeinflussen bzw. mit der jede Dimension beeinflusst werden kann, weggelassen.

Dimensionen der Qualität

Eine alte Weisheit sagt, „man kann nur steuern, was man messen kann“, und so brauchen wir Kriterien, mit deren Hilfe wir Erreichung, Über- und Untererfüllung feststellen können. Da gibt es die „Hard Facts“ wie z.B. Servicelevel, Erreichbarkeit, Wartezeit, Anzahl Kündiger, Anzahl Reklamationen etc. Alles Kriterien, die sich klar und einfach durch Zählen und Messen aus Systemen ermitteln lassen. Schwieriger wird es bei den „Soft Facts“ wie z.B. Freundlichkeit, Anerkennung, Angemessenheit, Zufriedenheit etc., die immer subjektiv im Auge des Betrachters sind und auch mit der aktuellen persönlichen Situation in der Wahrnehmung variieren können. Ansätze wie „dreimal den Namen des Kunden im Gespräch nennen“ sind genauso hilflose wie sinnlose Versuche, eine Objektivierung zu erreichen, wie mittels der bekannten Zufriedenheitsbefragung mit der berüchtigten formulierungsgestelzten 10er-Skala.

Der „Kontrollanruf“ mit einer Reihe von Fragen nach einem Servicetermin in der Fachwerkstatt ist so ein Beispiel: „Wie zufrieden waren Sie auf einer Skala von 1 bis 10, wobei 1 für überaus-phänomenal-positiv-überrascht steht, mit .....“. Wer bitte kann/will sich als Kunde in die kranke Logik dieser Systematik hineinfinden? Um den Prozess abzukürzen, attestiert man dann (wenn nicht wirklich etwas heftig daneben ging) immer 1 oder 2.

Nach einem Räderwechsel oder bloßen Ölwechsel wäre für die meisten die Vergabe einer 3 auf so einer 10er-Skala höchste Anerkennung, denn was soll denn da kommen? Zirkusartistik, das gesungene Serviceheft? Arbeit ordnungsgemäß erledigt heißt Erwartung erfüllt. Anders ist das z.B. nach einem Unfall, wo schnelle, unkomplizierte Hilfe, die Übernahme des Papierkrams und die Verfügbarkeit eines angemessenen Ersatzwagens ungleich mehr Spielraum lassen, zu zeigen, was man auf Unternehmensseite kann.

Nun, Sie haben es in der Hand, es besser zu machen. Und denken Sie dabei auch an die zeitliche Dimension der Qualitätswahrnehmung.

Nur durch einen Mix verschiedener Instrumente können Sie sicherstellen, die richtigen Schlüsse ziehen zu können und mit passenden qualitätssichernden Maßnahmen auch ganzheitlich wirkungsvoll zu sein.


Manfred Stockmann,
Präsident Call Center Verband Deutschland e.V.

Der Artikel ist ein Auszug aus dem Handbuch „Qualität im Callcenter“ des Call Center Verband Deutschland e.V. – es ist kostenlos erhältlich unter: https://callcenter-verband.de/wissen/ccv-publikationen/