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Verbesserungspotentiale für E-Mails

Service: Für Kunden ist die sofortige Problemlösung maßgebend, für Unternehmen die Bearbeitungszeit. Effizienzpotentiale längst nicht ausgeschöpft.
Nils Hafner | 18.03.2019
Durchschnittliche Bearbeitungszeit pro Kunde und Kanal inkl. Nachbearbeitungszeit © Nils Hafner / Hochschule Luzern (für alle Abbildungen)
 

Für das E-Mail Marketing Forum wurde der Kundenservice von mehr als 200 europäische Unternehmen vom Team des Service Excellence Cockpits und der Hochschule Luzern analysiert. Erstaunlich dabei ist, wieviel Potentiale gerade bei der Kundenkommunikation via E-Mail immer noch brachliegen. In diesem Beitrag werden nun die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung vorgestellt. Das Service Excellence Cockpit ist die größte europäische Benchmarking-Untersuchung im Kundenservice. Dabei vergleichen mehr als 200 Unternehmen die wichtigsten Kennzahlen im Kundenservice miteinander. Die Untersuchung wird jährlich unter Qualitätssicherung der Hochschule Luzern durchgeführt. Dabei werden vereinzelt Untersuchungen zu speziellen Themen durchgeführt. Für das E-Mail Marketing Forum wurde auf Basis der Zahlen aus 2018 untersucht, wie sich die E-Mail als Kundenservice-Kanal entwickelt hat. Die Betrachtung aller eingehenden Kontakte der teilenehmenden Unternehmen macht deutlich, dass die E-Mail den zweiten Rang aller Kommunikationskanäle im Service belegt. Das Telefon ist jedoch nach wie vor der wichtigste Kanal für den Kunden. Das Untersuchungsteam führt das auf Gewöhnungseffekte und die Einfachheit der Bedienung dieses Touchpoints zurück. Auffallend ist in diesem Zusammenhang auch der Chatkanal. Dieser macht zwar in der relativen Betrachtung erst etwas mehr als 1 Prozent aus, erreicht jedoch in absoluten Zahlen und in einigen Unternehmen aber bereits beachtliche Volumina. In diesem Zusammenhang muss festhalten werden, dass der Chat in solchen Unternehmen bereits über die Testphase hinaus ist. Das Management im Kundenservice steht nun der Herausforderung gegenüber, mit dieser mengenmäßigen Entwicklung beim Ausbau der technischen und personellen Kapazitäten Schritt zu halten. Verbesserungspotentiale für E-Mails Abbildung 2: Verteilung der Inbound-Kontakte auf die Kanäle

Servicelevel, Bearbeitungszeit und FCR: Was Kunden und Unternehmen wirklich wollen

Betrachtet man die Bearbeitungszeit, erkennt man, dass die analogen Kontaktkanäle wie der Brief die längste Bearbeitungszeit für die Service Center beanspruchen. Der Telefonkanal weist nach wie vor die geringste Bearbeitungszeit auf. E-Mail erreicht mittlere Bearbeitungszeiten von im Durchschnitt 7,8 Minuten pro Vorgang (siehe Abbildung 1 ganz oben). Der Service-Level drückt aus, wieviel Prozent der Anliegen in einer bestimmten Zeit beantwortet werden. Die Kennzahl hat somit einen direkten Einfluss auf die Qualität des Service und trägt maßgeblich zur Kundenzufriedenheit bei. Für den Kunden selbst ist neben einem guten Service-Level in erster Linie die First Contact Resolution Rate (FCR), also die Problemlösung im ersten Anlauf, maßgebend für seine Zufriedenheit. Hier zeigt sich, dass Kundenservice mittels E-Mail im Vergleich zu Telefon und Chat massiv längere Antwortzeiten mit sich bringt. Diese sind vergleichbar mit Antwortzeiten per Web-Formular (oft im Anschluss via E-Mail bedient) und via Brief. In diesem Jahr wurde zum ersten Mal Chat einbezogen, der mit dem höchsten Bedienungsgrad von 90 Prozent sowie der kürzesten Antwortzeit überzeugen kann. Hier stellt sich die Frage, wie Unternehmen Serviceanfragen vom E-Mail oder Brief ggf. auf diesen Touchpoint bewegen können. Verbesserungspotentiale für E-Mails Abbildung 3: Durchschnittlicher Service-Level pro Kanal Die Einhaltung der Service-Level ist über alle Kanäle hinweg generell als sehr hoch einzustufen (Skala: 1 = nie bis 7 = immer). Besonders hervorzuheben ist die durchschnittlich hohe Einhaltung des Service-Levels beim Chat. Dies hat damit zu tun, dass der Chat oft nur bei freier Kapazität zugeschaltet wird. Nach der deutlichen Zunahme der durchschnittliche Einhaltung der Service-Levels in vorangegangenen Jahren hat sich der Wert nun auf hohem Niveau stabilisiert. Bezüglich der E-Mail muss festgestellt werden, dass hier noch Potenziale zur Verbesserung bestehen. Dies liegt jedoch vor allem an den vergleichsweise großen Mengen an E-Mails, die Unternehmen heute von Ihren Kunden erhalten. Verbesserungspotentiale für E-Mails Abbildung 4: Einhaltung der Service Level-Ziele pro Kanal

Technologieeinsatz beim Kundenservice via E-Mail

Service Center-Mitarbeitende müssen vor allem im geschriebenen Wort präzise den Ton der Marke bzw. des Unternehmens treffen. Der Anstieg der schriftlichen Kommunikation mit den Kunden bindet Ressourcen und hat zur Folge, dass Service Center diese Prozesse effizient gestalten müssen. Zunehmend wird bei Service Centern mit Textbausteinen gearbeitet, welche automatisch zur Verfügung gestellt werden. Die Automatisierung bei der schriftlichen Kommunikation hat aber noch Potenzial. Per Brief erfolgen meist keine automatischen Antworten; im Gegensatz zu den digitalen Kanälen E-Mail, Web-Formular, Web-Portal und Chat, wo jeweils ein beachtlicher Prozentsatz oft oder sogar immer automatisch beantwortet wird. Verbesserungspotentiale für E-Mails Abbildung 5: Technologieunterstützung für die schriftliche Kommunikation Texterkennungstools erkennen Kundenanliegen und verteilen diese auf den geeigneten Mitarbeiter bei der schriftlichen Kommunikation. Die Werkzeuge suchen in den Anfragen nach Schlüsselwörtern, welche sie einem vordefinierten Thema zuordnen. Lediglich 16 Prozent der Service Center geben an, für den E-Mail- und Brief-Verkehr Texterkennungswerkzeuge zu verwenden. Weitere planen deren Einführung. Insgesamt finden solche Werkzeuge aber noch wenig Anwendung. Verbesserungspotentiale für E-Mails Abbildung 6: Verwendung von Texterkennung Mit den Daten der Befragung des Service Excellence Cockpits 2018 wurde ebenfalls untersucht, welchen Einfluss die Verwendung von weiteren Technologien auf die Qualität des Kundenservice via E-Mail haben. Interessant dabei ist, dass die Verwendung einer Wissensdatenbank für die Bearbeitung von Email interessante Effizienzgewinne für Kunden und Unternehmen mit sich bringt. So erhöht sich die First Contact Resolution Rate um 8 Prozentpunkte, wenn eine automatische Zuordnung zu einem Kompetenzfeld der Wissensdatenbank erfolgt.

Fazit: E-Mail ist nur durchschnittlich erfolgreich im Kundenservice

Die Bearbeitung von E-Mails im Kundenservice gehört nach wie vor zum Standardrepertoire von Kunden Service Centern. Es handelt sich um den zweitwichtigsten Kommunikationskanal, der jedoch vergleichsweise lange Bearbeitungszeiten mit sich bringt. Diese lassen sich durch den Einsatz modernen Technologien wie Prozessautomatisierung, Texterkennung und Wissensdatenbanken wesentlich beschleunigen. Neben einem verbesserten Servicelevel steht dabei vor allem die Verbesserung der FCR im Vordergrund der Überlegungen des Managements. Generell sollte aus Kostengründen überlegt werden, wie das Aufkommen von Kundenservice Anliegen via E-Mail gegebenenfalls auf den Chat umgeleitet werden kann.