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5 Tipps für die digitale Unternehmenskommunikation in Krisenzeiten

Ob tragischer Werksunfall oder selbsterzeugter Shitstorm: Kommunikation in Krisenzeiten ist für Unternehmen oft ein Ritt auf der Klinge.
Meike Leopold | 07.03.2022
5 Tipps für die digitale Unternehmenskommunikation in Krisenzeiten © Freepik
 

Ob tragischer Werksunfall oder selbsterzeugter Shitstorm: Kommunikation in Krisenzeiten ist für Unternehmen oft ein Ritt auf der Klinge – und will gekonnt sein. Der Angriffskrieg auf die Ukraine, der am 24. Februar 2022 begann und seitdem unter massiver medialer Begleitung im Netz quasi direkt vor unseren Augen stattfindet, stellt Unternehmen in der Kommunikation in besonderem Maße vor Herausforderungen. 

Wer in den ersten Tagen viel in den sozialen Medien unterwegs war, stellte fest: Für eine Schockstarre blieb kaum Zeit. Gleichzeitig trennte sich online schnell die Spreu vom Weizen. Die Nutzerinnen und Nutzer bei Twitter, LinkedIn & Co. schauten sehr genau hin: Wer postet Ukraine-Fahnen und mitfühlende Statements unter #WeStandwithUkraine, die letztlich wenig hilfreich sind? Welcher CEO stiftet echten Mehrwert und Nutzen und damit auch Hoffnung in der schlimmen Lage? Eine erste Momentaufnahme ergab: Viele DAX-Führungskräfte, wenn sie denn überhaupt online präsent sind, blieben lieber auf Tauchstation und meldeten sich gar nicht erst zu Wort.

Kommunikationsverantwortliche unter Druck

Das Besondere an der Situation: Rasch wurde klar, wie viele Unternehmen in besonderem Maße wirtschaftlich eng mit Russland verbunden sind. Die Erwartungshaltungen der Öffentlichkeit, in dieser Situation klare Stellung zu beziehen, waren dementsprechend von Anfang an hoch. 
So dürften viele Kommunikationsabteilungen ins Schwitzen gekommen sein. 

Trotz aller Herausforderungen hat sich in den vergangenen Tagen auch immer wieder gezeigt, welche Chancen eine professionelle (digitale) Kommunikation in schwierigen Zeiten birgt. Wie lassen sie sich erfolgreich nutzen? 

Fünf Erfolgsfaktoren und viele Praxisbeispiele

1. Haltung zeigen, wenn sie gefragt ist: Das Thema Purpose-getriebene Kommunikation beschäftigt Kommunikations- und Marketingverantwortliche schon eine ganze Weile. Seine Aktualität hat durch die Pandemie, zunehmende Diskussionen um Inklusion und Diversität sowie die Klimakrise weiter zugenommen. Der Ukraine-Krieg macht klar: Es nutzt wenig, den Kopf in den Sand zu stecken. Vielmehr brauchen Unternehmen eine klare strategische Linie, die bei kommunikativen Entscheidungen zum Umgang mit aufkommenden Themen und Erwartungen hilft. Dafür wiederum ist es hilfreich, die eigenen Werte zu reflektieren, bei Bedarf auch zu aktualisieren und zu leben, um nach innen wie nach außen glaubwürdig und authentisch zu sein.

2. Als Chef:in sichtbar und ansprechbar sein: Nah dran und mittendrin - der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj macht vor, wie digitale Kommunikation in der Krise geht. Er meldet sich im Netz immer wieder zu Wort – ob per Video oder bei Twitter per Selfie mit seinem Verteidigungsminister. Er ist über Nacht Teil der weltweiten digitalen Community geworden und findet genau die Worte, die Menschen berühren und bewegen. 

Freilich steht nicht jede Führungskraft im wahrsten Sinne so „im Feuer“ und unter Druck wie Selenskyj. Doch von seinem Mut und seinem spürbaren Willen zu Sichtbarkeit und Kommunikation könnte sich so manche/r CEO bei uns eine Scheibe abschneiden. Der Trend zu einer immer stärkeren Personalisierung der Unternehmenskommunikation nimmt deutlich zu. Es lohnt sich daher, eine Positionierungsstrategie für Führungskräfte parat haben, damit diese mit überzeugenden Botschaften die Menschen erreichen – auch und besonders in Krisenzeiten.

3. Relevanz first: Erinnern Sie sich noch an die Diskussionen um die Beleuchtung der Allianz Arena in München mit den Regenbogenfarben anlässlich des Fußballspiels Deutschland gegen Ungarn im vergangenen Jahr? Damals hat die Netzgemeinde das Pinkwashing vieler Unternehmen, die offenbar nur für mehr Reichweite auf dem Trend mitsurften und die „Flagge hissten“, noch halbwegs durchgehen lassen. 

Das Beispiel Edeka zeigt, dass es durchaus auch riskant sein, in der Kommunikation voreilig nach vorne zu preschen. Mit der Solidaritätsadresse „Freiheit ist ein Lebensmittel“ auf blau-gelber Fahne machte sich die Supermarktkette nicht nur Freunde. Bei LinkedIn stand zu lesen: „Da hat die Leadagentur freudig entdeckt, dass die Edeka-Farbgebung zur Ukraine-Flagge passt.“ Ein gutes Gespür für die aktuelle Stimmung und eine solide Einschätzung, ob und wie der eigene Beitrag relevant sein kann, gehören daher in aufgeheizten Situationen zum Handwerk.  

Zuhören, was das Netz sagt

4. Den richtigen Zeitpunkt erwischen: Der Krieg in der Ukraine zeigt erneut: Alle Beteiligten sind heute in Echtzeit sendefähig – seien es Politiker, Journalisten, Unternehmen oder Menschen wie du und ich. Umso wichtiger ist, jederzeit zu monitoren, welche Diskussionen sich bei Twitter und in anderen Netzwerken entwickeln und sich im passenden Moment einzuklinken. 

Zur Meisterschaft im Social Listening haben es bekanntlich die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) gebracht. Elon Musk ist zwar nicht unumstritten, aber ebenfalls immer zur richtigen Zeit am Draht. Per Twitter direkt angesprochen, versprach er dem Verteidigungsminister der Ukraine umgehend, den Starlink-Internetzugang für die Ukraine zu aktivieren. Auch die Deutsche Bahn hörte auf ihre Community und wurde aktiv: Flüchtende aus der Ukraine dürfen ihre Fernzüge kostenlos nutzen.

5. Mit den Menschen sprechen: Apropos Echtzeit. Mittlerweile dürfte es allen klar sein, dass die Musik nun einmal in den sozialen Medien spielt – das gilt ganz besonders in Krisenzeiten. Alles und jedes wird kommentiert und natürlich auch kritisiert – und nicht jeder, der Unternehmen im Netz anspricht, ist deswegen gleich ein Troll. 
Deshalb ist es im Community Management von Unternehmen schon lange nicht mehr mit Hochglanzbeiträgen und Nine-to-Five-Dienst getan. Die Fans sind rund um die Uhr unterwegs. Sie zu „bändigen“, ist manchmal sehr harte Arbeit. Der Job erfordert Kommunikations-Skills, Cleverness und Einfühlungsvermögen. Und damit letztendlich Investitionen in die notwendige WoMan-Power für die Echtzeitkommunikation.

Fazit: Unternehmenskommunikation in Krisenzeiten gelingt selten aus dem Bauch heraus. Vielmehr ist es entscheidend, optimal auf den Ernstfall vorbereitet zu sein – von der Kommunikationsstrategie und den Unternehmenswerten bis hin zu einer professionellen, Dialog-orientierten Präsenz in den sozialen Medien.